Neue CD-Kritik – Es geht auch ohne Band

Es geht auch ohne Band: Jazzchor Freiburg a-cappella Jeder neuen CD des Jazz­chor Frei­burg wird mit Span­nung und Vor­freude ent­ge­gen­ge­fie­bert, die Erwar­tun­gen sind hoch. Und die 11 Songs von „A Cap­pella” ent­täu­schen sicher nie­mand — auch wenn der Jazz­chor hier das erste Mal pur zu hören ist, ganz ohne instru­men­tale Rhyth­mus­gruppe. Das beginnt schon mit dem klang­mäch­ti­gen Start des Titel­songs, „A Cap­pella”. Mit stark gefea­tur­ter Beat­box von Julian Knör­zer — der wird noch öfters begeg­nen — ist das ein pefek­ter Opener für die bunte Mischung die­ser CD. Denn nicht nur der erste Titel, son­dern das ganze Album ist per­fekte Wer­bung für den Jazz­chor (und nicht nur für die Frei­bur­ger): Wer hier nichts fin­det, ist für diese Musik wohl ver­lo­ren. Aber die CD ist dabei auch unge­heuer dis­pa­rat. Alle drei bis vier Minu­ten kommt völ­lig andere Musik aus den Laut­spre­chern. Auf das wei­che, warme „In Per­son” zum Bei­spiel folgt naht­los „A May Song” von Bertrand Grö­ger eine aus­ge­spro­chen raf­fi­nierte vokale Spie­le­rei, bevor es mit „Shiny Sto­ckings” zum klas­si­schen Swing wech­selt: Gerade das ist durch­aus gran­dios in sei­ner Makel­lo­sig­keit und wun­der­bar inspi­rie­rend. Über­haupt nut­zen die Arran­ge­mens die Fähig­kei­ten des Jazz­cho­res sehr gut. Die ekle­ti­sche Stil­mi­schung ist näm­lich als Leis­tungs­aus­weis sehr geeig­net und war­tet mit zahl­lo­sen fas­zi­nie­ren­den Momen­ten auf. Und bleibt dabei doch auch unge­heuer ver­spielt: Das hat oft etwas sehr unmit­tel­bar begeis­ter­tes — fast scheint es, als wolle der Chor aus­pro­bie­ren, was er noch alles kann (und das ist viel). „Cute” mischt etwa schön einen alten Big-Band-Hit von Neal Hefti mit Beatbox-Elementen, einem druck­vol­len Chor und span­nen­dem Scat-Solo von Larry Browne, wäh­rend Piaz­zol­las Tango „La Muerte del Angel” zu einer veri­ta­blen Chor-Etüde wird, die man durchs Tan­zen über­haupt nicht ent­eh­ren will. Auch die afri­ka­ni­sche Ein­flüsse machen sich nicht nur in Grö­gers „Afri­can Call” mehr als deut­lich bemerk­bar — selbst im Happy Birth­day schei­nen sie durch. Aber das Arran­ge­ment von Klaus Frech ist sowieso sehr frei — und über­ra­schend span­nend, auch weil der Text voll­kom­men ersetzt wurde. Doch das Beste kommt erst ganz am Schluss: Eine wun­der­bare Ver­sion des Beatles-Song „Good Night” — scharf am Kitsch ent­lang balan­cie­rend, aber von Betrand Grö­ger mit sou­ve­rä­ner Hand arran­giert und diri­giert, vom Jazz­chor Frei­burg ganz wie gewohnt tadel­los gesun­gen, zeigt das fast wie ein Fazit noch ein­mal, warum der Jazz­chor Frei­burg immer noch und immer wie­der Stan­dards setzt. Juli 2012, Matthias Mader Geschrieben für die Neue Chorzeit.

Zurück